„Wir sind stark auf den Spitzensport ausgerichtet“

Im Jahr 1867 wurde der Verein Segelhaus am Wannsee gegründet. Er ist der zweitälteste Seglerverein Deutschlands. Fast 1.000 Mitglieder gehören dem Verein mit seinen Farben schwarz, weiß und rot an. Seit 2003 ist Dr. Andreas Pochhammer als erster Vorsitzender aktiv. Im Interview erzählt er, was den Verein auszeichnet.

D&CO: Herr Dr. Pochhammer, nur wenige Meter entfernt vom Neubauvorhaben der D&CO „Belle Rive“ ist Ihr Seglerverein ansässig. Was unterscheidet den Verein Seglerhaus am Wannsee, kurz VSaW, von den anderen Vereinen am See?

Dr. Andreas Pochhammer: Der Unterschied liegt in der Größe. Wir sind der größte Seglerverein in Berlin. Außerdem sind wir der älteste Berliner Verein. Was das Sportliche angeht, sind wir stark auf den Spitzensport ausgerichtet. Bei allen Olympischen Spielen, die im Segeln stattgefunden haben, hat mindestens ein Mitglied aktiv teilgenommen. Nur im letzten Jahr ist es uns nicht gelungen. Aber wir denken, dass es beim nächsten Mal wieder klappt. Noch etwas: Wir haben sehr viele Frauen im Verein. Früher war Segeln eher ein Männersport. Das ist schon lange nicht mehr so. Wir im Verein haben das immer gefördert und haben daher sehr gute Frauenmannschaften, die einige Erfolge einfahren. Der VSaW hat noch eine Besonderheit zu bieten: Auf dem Gelände existiert eine kleine Werft. Da werden keine neuen Boote gebaut, aber man kann sein Boot hier reparieren lassen. Das ist vor allem von Vorteil, wenn man ein älteres Holzboot besitzt.

D&CO: Ihr Verein hat eine lange Tradition, er wurde bereits 1867 gegründet. Können Sie uns mehr über die Geschichte und die Veränderungen im Laufe der Zeit erzählen?

Dr. Andreas Pochhammer: In den Jahren vor 1867 hat ein gewisser Herr Conrad die gesamte Gegend aufgekauft und als ziemliche große Teilgrundstücke an vermögendere Leute verkauft, die sich schöne Villen hingestellt haben. Und wenn man ein Haus am Wasser besitzt, dann segelt man auch oder macht zumindest Wassersport. Der ein oder andere kaufte sich also ein Boot. Auf dem Wasser sahen die Segler andere Boote – und hatten den Impuls, schneller sein zu wollen. So entstand das Wettsegeln – und so ist auch der Begriff Yacht entstanden, nämlich von Jagen. Man segelte also gegeneinander, man kannte sich, und man überlegte folglich, sich zusammenzutun. Die Segler gründeten eine Vereinigung, daraus entstand später der Verein, der sich irgendwann das Grundstück hier leistete. Das ist nach wie vor unser Kern-Grundstück, wir haben uns in der Zwischenzeit aber erweitern können, vor allem Richtung Süden haben wir drei Grundstücke hinzugekauft, ein weiteres gegenüber nutzen wir vor allem im Winter als Liegeplätze für Boote, die vorübergehend nicht benutzt werden. Hier drüben sieht man das alte Seglerhaus, das wurde etwa 1874 erbaut. Als es den damaligen Mitgliedern zu klein wurde, haben sie 1910 das neue Seglerhaus bezogen. Beide Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Im Übrigen kam so nicht nur die Seglerei an den Wannsee, sondern auch die Bahn. Denn Herr Conrad war auch der Vorsitzende der Deutschen Eisenbahn.

D&CO: Wie groß ist das Segelrevier des VSaW?

Dr. Andreas Pochhammer: Unsere Mitglieder segeln auf der ganzen Welt. Aber sofern wir auf Wannsee und Havel schauen: Die Regatten finden auf dem Wannsee und auf der sogenannten „Großen Breite“ zwischen Pfaueninsel und Schwanenwerder statt. Das ist ein sehr schöner Bereich.

D&CO: Sie haben fast 1.000 Mitglieder. Sind alle aktiv?

Dr. Andreas Pochhammer: Von den 1.000 Mitgliedern sind rund 200 auswärtige Mitglieder, also Segler, die aus Berlin weggezogen sind. Aber sie bleiben Mitglieder, dürfen also auch zur Mitgliederversammlung kommen und haben dort eine volle Stimme.

D&CO: Nehmen Sie weitere Mitglieder auf? Gibt es Voraussetzungen dafür, zum Beispiel ein eigenes Boot?

Dr. Andreas Pochhammer: Wir nehmen Mitglieder auf. Man muss Interesse am Segelsport haben, ein Boot muss man nicht mitbringen. Im Moment sind wir von den Liegeplätzen sowieso eher knapp. Wir haben aber eigene moderne Boote, die man sich ausleihen kann. Wir haben sogar gerade deshalb Zulauf an Neumitgliedern, weil sie sich hier ein Boot leihen können.

D&CO: Sie unterhalten auch eine Kinder- und Jugendabteilung. Ab welchem Alter können Kinder dem Verein beitreten? Was genau erwartet die Jüngeren?

Dr. Andreas Pochhammer: Wir haben rund 180 aktive Minderjährige. Für sie haben wir seit vielen Jahren die kleinen Boote, die heißen Optimist. Die können Kinder ab etwa sechs Jahren segeln.

D&CO: Segelt nur der Nachwuchs der Vereinsmitglieder?

Dr. Andreas Pochhammer: Nein, alle, die Interesse haben, können kommen und kommen auch.

D&CO: Erzählen Sie doch bitte ein bisschen vom Vereinsleben. Treffen sich die Mitglieder nur zum Segeln, oder auch zum Plausch am Ufer?

Dr. Andreas Pochhammer: Geselligkeit ist ein wichtiger Punkt und war einer der Gründe, warum der Verein ins Leben gerufen wurde. Man wollte Segel-Veranstaltungen organisieren, zum Beispiel Paraden. Heute verabreden sich die Leute mehr und mehr auch im Haus oder auf der Terrasse zum Essen und Plaudern. Wir feiern außerdem Feste, demnächst zum Beispiel unser Sommerfest. Vor kurzem gab es ein Konzert. Im Übrigen haben wir einige Zimmer oben im Haus, die kann man auf Dauer mieten. Somit kann man, nach einem Abend mit Wein oder Bier, hier übernachten.

D&CO: Ein letztes Wort wollen wir dem Wannsee widmen. Warum ist es besonders schön, hier zu segeln?

Dr. Andreas Pochhammer: Zum einen ist es praktisch: Die Havellandschaft, wozu der Wannsee ja zählt, ist für Berliner gut zu erreichen. Vor allem aber ist die Gegend eine wunderschöne Oase, in der sich die Menschen wohlfühlen.